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Lederriemen-Fall – BGHSt 7, 363 (dolus eventualis und Fahrlässigkeit)







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Wissenselement; Wollenselement; luxuria; Verwirklichungswillen; Hemmschwellentheorie; Möglichkeitstheorie; Wahrscheinlichkeitstheorie; Billigungstheorie; billigend in Kauf nehmen; Lederriemen; Raub; Sandsack; Überfall


Sachverhalt


J und K wollen Wertgegenstände aus der Wohnung des M stehlen. Um den Widerstand des M zu brechen, versuchen sie, ihm Schlaftabletten zu verabreichen, was jedoch misslingt. Beim nächsten Mal haben sie einen Sandsack und einen Lederriemen dabei. Sie versuchen, M mit dem Sandsack niederzuschlagen. Dabei haben sie keinen Tötungsvorsatz. Auch dies gelingt ihnen jedoch nicht. Daher schlingen sie den Lederriemen um den Hals des M und drosseln ihn zwei Mal heftig. M verstirbt nach dem letzten Angriff. Die Gefährlichkeit dieser Handlungen und der Tod als mögliche Folge waren ihnen dabei bewusst. Sie wollten unter allen Umständen, "koste es was es wolle", den Besitz an den Wertgegenständen des M erlangen.


Entscheidung


Der BGH verurteilte J und K wegen Mordes gem. § 211.


Problematisch erscheint jedoch, ob sie bzgl des Todes des M vorsätzlich gehandelt haben. K und J verfolgten weder eine Tötungsabsicht, noch betrachteten Sie den Erfolgseintritt als sicher. Demnach kommt nur ein Eventualvorsatz in Betracht.


Wie der Eventualvorsatz von der bewussten Fahrlässigkeit abzugrenzen ist, wird unterschiedlich bewertet.


Gerade in der Literatur werden hier verschiedene Ansätze verfolgt. Diese Unterscheiden sich insbesondere in ihrem Anknüpfen an das Wissens- oder das Wollenselement (vgl. dazu das entsprechende Problemfeld).


Der BGH verfolgt die sog. Billigungstheorie. Demnach liegt Vorsatz vor, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen hat.


J und K griffen auf den Lederriemen zurück und waren sich dabei der damit einhergehenden Gefahr für das Leben bewusst. Sie hatten die Gefährlichkeit ihres Vorgehens erkannt (Wissenselement) und den Erfolg billigend in Kauf genommen (Wollenselement).Der Billigung stehe auch nicht entgegen, dass der Tod des M den beiden sehr unerwünscht war. Auch wenn sie es erkennbar darauf angelegt hätten, den M durch das Drosseln nur bewusstlos zu machen, schließe dies die Billigung des Todes nicht aus. Denn der Täter billige einen Erfolg im Rechtssinne bereits dann, wenn er sich notgedrungen mit dem Eintritt des unerwünschten Erfolgs abfinde. Auch wenn der Erfolgseintritt für den Täter unerwünscht ist, handele dieser vorsätzlich, wenn er sich um des erstrebten Zieles willen dennoch damit abfindet. Aus der Steigerung der Gefährlichkeit der Tathandlungen und der Tatsache, dass J und K auf keinen Fall auf die Wertsachen des M verzichten wollten, auch wenn dies zum Tod des M führe, ergebe sich somit die Billigung des Todes. J und K handelten damit vorsätzlich und haben sich gem. § 211 strafbar gemacht.















Die Seite wurde zuletzt am 16.4.2023 um 12.15 Uhr bearbeitet.



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