Muss die Einwilligung erklärt werden?
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Einwilligung; Einwilligungserklärung; Erklärung; Rechtfertigung; Konkludent
Problemaufriss
Umstritten ist, ob der Zustimmende die Einwilligung erklärt haben muss oder ob eine innerliche Zustimmung ausreicht.
Beachte: Unabhängig davon muss der Täter nach h.M. von der Einwilligung Kenntnis gehabt haben. Ferner ist eine nach der Tat erteilte Genehmigung bedeutungslos, da der Geschädigte sonst über einen einmal entstandenen staatlichen Strafanspruch disponieren könnte, was jedoch dem Offizialprinzip widerspricht (Roxin/Greco Strafrecht AT I, 5. Aufl. 2020, § 13 Rn. 79)
Problembehandlung
Ansicht 1: Nach der herrschenden Meinung (sog. Kundgabetheorie) muss die Einwilligung vor der Tat ausdrücklich erklärt oder konkludent zum Ausdruck gebracht worden sein, nicht jedoch zwingend gegenüber dem Täter (Roxin/Greco Strafrecht AT I, 5. Aufl. 2020, § 13 Rn. 71 ff.; Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT, 53. Aufl. 2023, Rn. 581; Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, 11. Aufl. 2023, § 12 Rn. 13).
Kritik: Es gibt keinen Grund, die Einwilligung anders als das Einverständnis - bei dem die innere Willensrichtung maßgeblich ist - zu behandeln. Ein schutzwürdiges Interesse an der Unversehrtheit des Rechtsgutes entfällt bei der Einwilligung genauso wie beim Einverständnis grds. schon durch die innere Zustimmung des Rechtsgutsträgers und bei der Einwilligung wird die Rechtslage durch den Verzicht auf eine Zustimmungserklärung auch nicht unsicherer als beim Einverständnis, wo niemand einen Mangel an Rechtssicherheit beklagt (Münchener Kommentar StGB/Schlehofer, 4. Aufl. 2020\, Vor § 32 Rn. 177). Zudem beruht die rechtfertigende Wirkung der Einwilligung nicht auf einer dem Täter verliehenen Rechtsmacht\, sondern auf der Freiheit des Rechtsgutsträgers zum Umgang mit seinen Gütern\, wofür die Kundgabe des Willens aber gerade unerheblich ist (Matt/Renzikowski/Engländer, 2. Aufl. 2020, Vor. § 32 Rn. 20).
Ansicht 2: Die sog. Willensrichtungstheorie hält eine Zustimmungserklärung für entbehrlich. Bei einer konsequent rechtsgutsorientierten Betrachtungsweise müsse man für die Einwilligung bereits die innere Zustimmung ausreichen lassen (Münchener Kommentar StGB/Schlehofer, Vor § 32 Rn. 177; Matt/Renzikowski/ Engländer, Vor. § 32 Rn. 20).
Kritik: Im Interesse der Rechtssicherheit kann mangels Feststellbarkeit ein nicht hervortretender Gedanke keine Rechtsfolge auslösen (Rengier Strafrecht AT, 13. Aufl. 2021, Rn. 21).
Die Seite wurde zuletzt am 8.4.2024 um 13.38 Uhr bearbeitet.
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