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Sozialethische Einschränkungen bei der Nothilfe







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Nothilfe; Gebotenheit; sozialethische Einschränkungen; Provokation; Angriffsprovokation; Beihilfe; rechtswidrige Haupttat; Mittäterschaft; krasses Missverhältnis; § 32


Problemaufriss


Grundsätzlich unterliegt die Nothilfe (siehe allgemein dazu das entsprechende Problemfeld) den gleichen sozialethischen Einschränkungen wie die Notwehr (siehe das dazugehörige Problemfeld). Dies gilt grundsätzlich auch für die Notwehr.


Hat also der Angegriffene den Angriff selbst provoziert und wäre seine Verteidigung daher nach den Grundsätzen der Notwehrprovokation rechtswidrig, so muss dies auch für die Nothilfe gelten (Schönke/Schröder/Perron StGB, 29. Aufl. 2014, § 32 Rn. 61a). Hat hingegen der Nothelfer den Angriff provoziert, so ist zwischen zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:


Beispiel 1: A und B gehen in ein Restaurant. Dort treffen sie den verhassten C. A hat die Idee, den C dazu zu kriegen den B anzugreifen, damit er (A) den C unter dem Deckmantel der Nothilfe angreifen könne. B weiht er in den Plan ein, dieser ist davon begeistert. Nachdem A dem C erzählt hat, dass der B ihn als „hässlichen Trottel“ beleidigt hätte, stürmt C zu B, um ihm einen ordentlichen Schlag zu verpassen. A kommt dem zuvor und haut den C mithilfe eines Stuhls um.


Beispiel 2: Wie Beispiel 1, nur weiht der A den B nicht in seinen Plan ein.


Rechtfertigung des A?


Problembehandlung



  1. Bei einem mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit dem Angegriffenen wirken sich die Einschränkungen des Notwehrrechts in gleicher Weise auf die Nothilfe aus (Sch/Sch/Perron StGB, § 32 Rn. 61a).


Zu Beispiel 1: Der Angegriffene (B) ist an der Provokation beteiligt, es liegt also ein mittäterschaftliches Zusammenwirken zwischen A und B vor. Beiden steht also nur ein eingeschränktes Notwehrrecht zu.



  1. Umstritten ist, wie die Fallkonstellation zu behandeln ist, in der der Angegriffene selbst nicht an der Provokation beteiligt ist, sondern lediglich der Nothelfer den Angreifer provoziert hat.


Ansicht 1: Nach einer Ansicht ist im Falle der alleintäterschaftlichen Provokation durch den Nothelfer, vorbehaltlich der allgemeinen Voraussetzungen, auch die Nothilfe durch den Provokateur zulässig (Sch/Sch/Perron StGB, § 32 Rn. 61a).


Kritik: Diese Ansicht öffnet dem Rechtsmissbrauch Tür und Tor. Denn der Nothelfer könnte hiernach Angriffe auf einen Dritten provozieren und ihm würde stets das volle Nothilferecht verbleiben. Zudem führt diese Ansicht zu einem Wertungswiderspruch. Denn der Provokateur hätte, wenn er selbst angegriffen würde, kein (volles) Notwehrrecht mehr.


Ansicht 2: Nach anderer Ansicht ist das Notwehrrecht auch bei alleintäterschaftlicher Provokation durch den Nothelfer einzuschränken. Dem Nothelfer ist also nicht das volle Notwehrrecht zuzugestehen (Nomos Kommentar StGB/Kindhäuser, 5. Aufl. 2017, § 32 Rn. 124).


Kritik: Auch in Fällen der alleintäterschaftlichen Provokation durch den Nothelfer kann das Rechtsbewährungsinteresse nicht geleugnet werden.


Vergleiche auch das Problemfeld für die Einschränkungen der Notwehr.


Zu Beispiel 2: Der Angegriffene (B) ist an der Provokation nicht beteiligt. Er behält also nach der Ansicht 1 das volle Notwehrrecht, weswegen die Nothilfe des C zulässig wäre. Nach Ansicht 2 steht ihm nicht das volle Notwehrrecht zu, weswegen die Nothilfe nicht zulässig wäre.















Die Seite wurde zuletzt am 17.4.2023 um 9.32 Uhr bearbeitet.



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