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Ärztlicher Heileingriff als Körperverletzung







Tags


Heilbehandlung; medizinisch; Ärzte; Körperverletzung; Eingriff; Selbstbestimmungsrecht; Einwilligung


Problemaufriss


Seit Jahrzehnten ist bereits umstritten, inwiefern ärztliche Heileingriffe, also solche im Interesse des Opfers (Studienkommentar StGB/Joecks/Jäger, 13. Aufl. 2021, Vor § 223 Rn. 9), die Tatbestände der §§ 223 ff. erfüllen.


Problembehandlung


Ansicht 1: In ständiger Rechtsprechung wird die Rechtfertigungslösung präferiert. Jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit – auch der von einem Arzt lege artis vorgenommene und erfolgreiche – erfülle den objektiven Tatbestand der Körperverletzung (RGSt 25, 375; BGHSt 11, 112; BGH NJW 2000, 885). Erst auf Ebene der Rechtfertigung werden solche Eingriffe im Wege der ausdrücklichen oder mutmaßlichen Einwilligung von der Strafbarkeit ausgeschlossen, die nicht eigenmächtig unter Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erfolgen (Fischer StGB, 67. Aufl. 2020, § 223 Rn. 17, 22 ff.). Ggf. macht sich der Arzt also nach den §§ 223, 226, 227 strafbar. Zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse stellen ärztliche Instrumente nach herrschender Auffassung keine gefährlichen Werkzeuge i.S.d. § 224 I Nr. 2 dar, weil der Gegenstand Angriffs- und Verteidigungszwecken dienen muss (BGH NJW 1978, 1206; Rengier Strafrecht BT II, 22. Aufl. 2021, § 13 Rn. 30).


Kritik: Nach seinem sozialen Sinngehalt kann ein gelungener Heileingriff nicht mit den Handlungen eines Schlägers oder Messerstechers gleichgesetzt werden (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB, 30. Aufl. 2019, § 223 Rn. 29).


Ansicht 2: Die herrschende Auffassung in der Literatur bevorzugt hingegen die Tatbestandslösung in verschiedenen Varianten. Danach soll der indizierte und kunstgerecht ausgeführte ärztliche Heileingriff bereits nicht den Tatbestand einer Körperverletzung erfüllen, selbst wenn dieser gegen den ausdrücklichen Willen des Patienten durchgeführt wird (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB, § 223 Rn. 29 ff.; Lackner/Kühl/Kühl StGB, 29. Aufl. 2018, § 223 Rn. 8). Vereinzelt wird danach unterschieden, ob der Eingriff erfolgreich ist oder nicht, oder ob er kunstgerecht durchgeführt wurde oder nicht (vgl. Studienkommentar StGB/Joecks/Jäger, Vor § 223 Rn. 12 ff.).


Kritik: Bei einem derartigen Verständnis droht die partielle Entmündigung des Patienten, da einer eigenmächtig vorgenommenen, wenn auch medizinisch indizierten Behandlung nur die Schranken der §§ 239, 240 entgegenstehen und Aufklärungsgespräche über Bedeutung, Tragweite und Risiken des Eingriffs strafrechtlich entbehrlich werden. Demnach wird das Selbstbestimmungsrecht des Patienten besser durch die Rechtfertigungslösung geschützt (Rengier Strafrecht BT II, § 13 Rn. 27 m.w.N.).















Die Seite wurde zuletzt am 17.4.2023 um 14.10 Uhr bearbeitet.



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