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Anwendbarkeit von § 227 bei unbedingtem Tötungsvorsatz

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### Tags Körperverletzung; Todesfolge; Anwendbarkeit; Tötungsvorsatz; Exklusivitätslehre; Konkurrenzlehre ### Problemaufriss Der Tatbestand des [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) qualifiziert die vorsätzliche Körperverletzung, wenn durch diese der Tod des Opfers herbeigeführt worden ist. [§ 18](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__18.html) bestimmt dabei, dass dem Täter bezüglich der Todesfolge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fallen muss. Fraglich ist jedoch, ob die Anwendbarkeit des [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) auf die Fälle der Fahrlässigkeit hinsichtlich der qualifizierenden schweren Folge beschränkt ist, oder ob [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) auch anwendbar ist, wenn der Täter mit Tötungsvorsatz handelt. ### Problembehandlung **Ansicht 1:** Nach der Exklusivitätslehre ist [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) in den Fällen tatbestandlich ausgeschlossen, in denen der Täter die Todesfolge vorsätzlich herbeiführt (<em>Fischer</em> StGB, 65. Aufl. 2018, § 227 Rn. 7; *Maurach/Schroeder/Maiwald* Strafrecht BT I, 10. Aufl. 2009, § 9 Rn. 33; Leipziger Kommentar StGB/<em>Hirsch</em>, 11. Aufl. 2005, § 227 Rn. 1; *Rengier* Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 106 f.). Liegt Tötungsvorsatz vor, so finden alleine die §§ 211 ff. Anwendung. Dies ergibt sich historisch schon daraus, dass § 227 entstand, um gerade die Fälle zu erfassen, bei denen kein Tötungsvorsatz nachzuweisen war. **Kritik:** Diese Eingrenzung widerspricht dem Wortlaut des [§ 18](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__18.html), der wenigstens Fahrlässigkeit voraussetzt und damit auch vorsätzliches Handeln umfasst. Zudem entstünde bei einem Exklusivitätsverhältnis der [§§ 211 ff.](http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/BJNR001270871.html#BJNR001270871BJNG005302307) und [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) bei nicht eindeutig feststellbarer subjektiver Tatseite ein Dilemma, da nach dem Grundsatz in dubio pro reo der jeweils andere Unrecht-/Schuld-Bezug zum Todesfall unterstellt werden müsste. Überdies führt die Exklusivitätslehre dort zu ungereimten Ergebnissen, wo Teilnahme an [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) im Raum steht: Hat der Haupttäter ein vorsätzliches Tötungsdelikt begangen, der Teilnehmer keinen Tötungsvorsatz, so könnte, hielte man die Exklusivität von [§ 212](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__212.html) und [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) aufrecht, mangels Vorliegens des [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) als vorsätzlicher rechtswidriger Haupttat der Teilnehmer nur aus [§§ 223](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__223.html), [26](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__26.html) bzw. [§§ 223](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__223.html), [27](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__27.html) bestraft werden – selbst wenn der Teilnehmer den erforderlichen Fahrlässigkeitsbezug zur schweren Folge in eigener Person ([§ 29](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__29.html)) aufweist, müsste Teilnahme an [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) somit ausscheiden. Und schließlich ist das Exklusivitätspostulat auch aus Gründen des Wortlauts des [§ 18](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__18.html) nicht haltbar: Letzterer verlangt hinsichtlich der schweren Folge "<em>wenigstens Fahrlässigkeit</em>", was impliziert, dass erst recht Vorsätzlichkeit hinsichtlich der schweren Folge ausreicht, dass also [§§ 212](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__212.html), [227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) nebeneinander Anwendung finden können. **Ansicht 2:** Nach der Konkurrenzlehre ist auch die vorsätzliche Herbeiführung der Todesfolge tatbestandsmäßig i.S.d. [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) (BGH NJW 1965, 2411 f.; Nomos Kommentar StGB/<em>Paeffgen</em>, 5. Aufl. 2017, § 18 Rn. 85 f.; Münchener Kommentar StGB/<em>Hardtung</em>, 3. Aufl. 2017, § 227 Rn. 19, § 18 Rn. 57 ff.; Lackner/Kühl/<em>Kühl</em> StGB, 29. Aufl. 2018, § 227 Rn. 3). Dieser scheidet dann jedoch auf Konkurrenzebene im Verhältnis zu den §§ 211 ff. regelmäßig aus (NK/<em>Paeffgen/Böse</em>, 5. Aufl. 2017, § 227 Rn. 36). **Kritik:** Eine Ausgrenzung erst auf Konkurrenzebene führe faktisch dazu, dass im Gesetz zwei inhaltlich identische Tatbestände der vorsätzlichen Tötung mit unterschiedlichen Strafrahmen enthalten seien. Die niedrigere Strafandrohung des [§ 227](https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__227.html) widerspreche dabei der ratio legis der [§§ 211 ff.](http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/BJNR001270871.html#BJNR001270871BJNG005302307)

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