Bruch fremden Gewahrsams
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Diebstahl; Gewahrsamsbruch; Diebesfalle; Tesafilm
Problemaufriss
Ein vollendeter Diebstahl gem. § 242 verlangt die Wegnahme einer fremden Sache. Diese liegt vor, wenn der Täter fremden Gewahrsam bricht und neuen, nicht notwendig eigenen Gewahrsam begründet (Fischer StGB, 65. Aufl. 2018, § 242 Rn. 16). Der Gewahrsamsbruch unterscheidet den Diebstahl von der Unterschlagung gem. § 246 und ist definiert als die Aufhebung des Gewahrsams vom bisherigen Gewahrsamsinhaber ohne dessen Willen (Schönke/Schröder/Eser/Bosch StGB, 29. Aufl. 2014, § 242 Rn. 35). Wird mit Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers gehandelt, gibt dieser den Gewahrsam also freiwillig auf, so handelt es sich hierbei um ein tatbestandsausschließendes Einverständnis (Problemfeld Einverständnis und Einwilligung s. hier).
Problembehandlung
Ein solches Einverständnis kann jedoch nicht bereits deshalb angenommen werden, weil der Berechtigte den Täter während des Gewahrsamswechsels beobachtet; der Diebstahl ist kein heimliches Delikt (BGHSt 16, 271, 273; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf Strafrecht BT, 3. Aufl. 2015, § 13 Rn. 57).
Jedoch kann das Einverständnis nach h.M. auch von Bedingungen abhängig sein. So ist etwa der Aufsteller eines Geldwechselautomaten mit der Ausgabe des Wechselgeldes nur unter der Bedingung einverstanden, dass der Verwender den Automaten auch ordnungsgemäß bedient (OLG Düsseldorf NJW 2000, 158; vgl. OLG Stuttgart NJW 1982, 1659; Rengier Strafrecht BT I, 20. Aufl. 2018, § 2 Rn. 70 ff.).
In dem vom OLG Düsseldorf zu entscheidenden Fall hatte der Täter einen Geldschein mit Tesafilm-Streifen "verlängert" und in einen Geldwechselautomaten geführt. Nachdem der Automat das Wechselgeld ausgab, entnahm der Täter dieses und zog den präparierten Geldschein wieder heraus. Hier ist wegen Diebstahls zu bestrafen.
Anders sieht es in Fällen der sog. Diebesfallen aus. Hier präpariert der Berechtigte eine Sache (bspw. einen Geldschein; oft mithilfe der Polizei) dergestalt, dass sie bei demjenigen, der die Sache berührt etwa chemische Spuren an der Hand hinterlässt, um diesen als Täter überführen zu können (vgl. BGHSt 4, 199; BayObLG NJW 1997, 729).
Hier ist der Eigentümer um der Überführung des potentiellen Täters Willen mit dem Gewahrsamswechsel einverstanden, sodass eine Strafbarkeit wegen vollendeten Diebstahls ausscheidet (tatbestandsausschließendes Einverständnis). Zu bestrafen ist hier lediglich wegen (untauglichen) Versuchs des Diebstahls.
Anders ist es dagegen zu beurteilen, wenn der Berechtigte den Dieb etwa durch Aufstellen einer Videokamera überführen möchte. Hier soll nur der Gewahrsamswechsel bewiesen werden; der Berechtigte ist mit einem solchen aber nicht einverstanden (Kindhäuser Strafrecht BT II, 9. Aufl. 2017, § 2 Rn. 47).
Die Seite wurde zuletzt am 4.11.2024 um 15.01 Uhr bearbeitet.
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