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Täuschung durch Unterlassen







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Betrug; Unterlassen; Täuschen durch Unterlassen; Täuschung; Aufklärungspflicht


Problemaufriss


Kann der fraglichen Person kein Vorwurf wegen ausdrücklicher oder konkludenter Täuschung gemacht werden, ist danach zu fragen, ob  vielleicht durch Unterlassen getäuscht wurde. Eine Täuschung kann dann in einem Unterlassen bestehen, wenn dem Täter eine mit den Anforderungen des § 13 gleichzusetzende Aufklärungspflicht zukommt (Rengier Strafrecht BT I, 23. Aufl. 2021, § 13 Rn. 27).


Fraglich ist, wann eine solche Aufklärungspflicht besteht.


Problembehandlung


Eine Aufklärungspflicht kann sich zunächst aus den üblichen Garantenstellungen ergeben, die im Hinblick auf § 13 entwickelt wurden (Kindhäuser Strafrecht BT II, 10. Aufl. 2019, § 27 Rn. 25 ff.).


So kommt eine Garantenstellung aus Ingerenz etwa in folgenden Fällen in Betracht (Genaueres im entsprechenden Problemfeld hier; zum Sonderfall der Ingerenz bei rechtmäßigem Vorverhalten hier):


Beispiel 1: Der Täter macht fahrlässig falsche Angaben und schafft damit die Gefahr, dass andere irrtumsbedingt über ihr Vermögen verfügen. Später bemerkt der Täter dies, unterlässt es jedoch, jene Angaben wieder zu korrigieren (Rengier Strafrecht BT I, § 13 Rn. 28; Kindhäuser Strafrecht BT II, § 27 Rn. 26).


Beispiel 2: Auch ist aufklärungspflichtig, wer einen anderen zwar vorsätzlich getäuscht hat, dabei aber noch keinen Schädigungsvorsatz hatte (Nomos Kommentar StGB/Kindhäuser, 5. Aufl. 2017, § 263 Rn. 155).


Weiterhin kann sich eine Aufklärungspflicht aus Vertrag ergeben. Das meint die Pflicht einer Vertragspartei, auch ohne Nachfragen der anderen Seite, solche Umstände zu offenbaren, die für deren Entscheidung erheblich sind. Das bloße Bestehen eines Vertrags reicht jedoch nicht aus, vielmehr bedarf es eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien (Schönke/Schröder/Perron StGB, 30. Aufl. 2019, § 263 Rn. 22), also einer besonders begründeten Einstandspflicht für das Vermögen des anderen (Rengier Strafrecht BT I, § 13 Rn. 29).


Solche Garantenstellungen ergeben sich insbesondere aus Verträgen, die einen Informations- und Beratungscharakter haben, sodass der eine Vertragspartner dem Sachverstand des anderen besonders vertraut (Rengier Strafrecht BT I, § 13 Rn. 31). Zur Feststellung eines solchen Vertrauensverhältnisses ist der Einzelfall zu betrachten.


Beispiel 1: So ist ein Gebrauchtwagenhändler auch ohne etwaige Nachfragen des Käufers dazu verpflichtet, wieder reparierte Unfallschäden eines Wagens zu offenbaren (BayObLG NJW 1994, 1078, 1079).


Beispiel 2: An einem solchen besonderen Vertrauensverhältnis fehlt es hingegen bei der Unterhaltung eines Girokontos. So ist die Bank nicht verpflichtet, dem Kunden mitzuteilen, dass das Guthaben auf eine Fehlbuchung zurückgeht, geht das Verhältnis des Kunden zur Bank hier doch regelmäßig über eine bloße Vertragsbeziehung nicht hinaus (Schönke/Schröder/Perron StGB, § 263 Rn. 22; Naucke NJW 1994, 2809, 2810).


Ferner können sich Aufklärungspflichten kraft Gesetzes ergeben. Das gilt beispielsweise gem. § 60 I 1 Nr. 2 SGB I bezüglich Sozialhilfe, Ausbildungshilfe oder Kindergeld.















Die Seite wurde zuletzt am 18.4.2023 um 9.44 Uhr bearbeitet.



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